Donnerstag, 11. Juni 2015

Viele gute entwicklungspolitische Filme

Die Sichtungsveranstaltung des Fernsehworkshop Entwicklungspolitik ist jedes Mal ein kleines Filmfest. Vom 11. bis zum 14. Juni 2015 kamen wieder AutorInnen, ProduzentInnen, FilmstudentInnen und PädagogInnen zusammen, um zu lernen. Wir nahmen viele Eindrücke mit, haben Neues erfahren, haben so manchen Blickwechsel genossen und heftig diskutiert.

Der Fernsehworkshop Entwicklungspolitik wurde vor über 40 Jahren von Film- und Fernsehmachern gegründet, um genau so einen Perspektivwechsel in Deutschland zu erreichen. Wie sehen wir die damals noch so genannte Dritte Welt? Blicken wir auf andere Kulturen und Lebensweisen herunter oder sind wir neugierig und an neuen Erfahrungen interessiert?

Als ich vor 16 Jahren das erste Mal dabei war, erlebte ich ganz persönlich diesen Perspektivwechsel. Die Neugierde ist geblieben und der Wunsch, diese wunderbaren Filme in die Öffentlichkeit zu bringen.    

Millions can Walk - Jan Sathyagraha. Marsch der Gerechtigkeit Christoph Schaub, Kamal Musale. Schweiz 2013, 88 Min.

Hunderttausend Inderinnen und Inder, landlose Bauern und Ureinwohner – die Adivasi – machen sich auf den Weg, um sich für ihre Rechte einzusetzen. Sie sind aus dem ganzen Land angereist, um gemeinsam für eine Existenz in Würde zu kämpfen. 


FRIEDENSBAND hatte 2007 zum ersten Marsch der Adivasi eine Aktion mit handwerklichen Erzeugnissen gemacht – einerseits um Bildungsarbeit zu machen und andererseits, um sie auch finanziell zu unterstützen. 

Dieser Film zeigt Menschen, denen alles genommen wurde. Trotzdem lassen sie sich nicht unterkriegen und bleiben trotz ihrer Wut friedlich. Der Marsch zur Hauptstadt ist ruhig und diszipliniert. Sie sind stolze und mutige Streiter gegen die Armut. Dieser Film macht Mut und regt dazu an, sich nicht abzufinden.


7 Tage in Kabul. Die Afghan Peace Volunteers wollen den Krieg abschaffen Niklas Schenck, Ronja von Wurmb-Seibel. Deutschland, Afghanistan 2014, 30 Min.
Die Afghan Peace Volunteers kämpfen für ein Ziel, das naiv scheint: Sie wollen den Krieg abschaffen - in Kabul und weltweit. Um ihr Ziel zu erreichen, leben die Jugendlichen in einer WG in Kabul zusammen. Sie versuchen, im Kleinen hinzubekommen, woran ihr Land im Großen scheitert: die Grenzen zwischen Etnien zu überwinden, die sich seit Jahrzehnten bekämpfen. Die Jugendlichen kommen aus allen großen Volksgruppen Afghanistans: Hasara, Tadschiken, Paschtunen. 

FRIEDENSBAND ist mit dem Wahlspruch gegründet worden „Konflikte friedlich lösen!“. Diese wundervoll naiven Jugendlichen leben es einfach. In einer Umgebung, die mehr und mehr wieder in einen Krieg abzugleiten scheint, möchten sie mit ihren traumatischen Erfahrungen einen Gegenpol setzen.


Der Film eignet sich sehr gut als Ausgangspunkt für eine Diskussion über zivile Konfliktlösungen, auch wenn – oder weil er viele Fragen unbeantwortet lässt.



Carmen Butta. Deutschland 2014, 44 Min.
Die fliegenden Jungen vom Gaza-Streifen brechen durch Akrobatik und Freerunning aus ihrem eingesperrten Alltag aus. "Parkour" heißt ihre Leidenschaft: die Kunst, von Körper und Umwelt gesetzte Grenzen zu überwinden. Immer neue Hindernisse spornen sie zu immer gewagteren Sprüngen an. Doch im Gazastreifen ist Parkour auch eine Zurückeroberung des abgeriegelten und religiös besetzten Lebensraums, in dem die strengen Sittenwächter der Hamas moderne Kunst, Tanz und westliche Musik verbieten. Auch Parkour beäugen die fundamentalistischen Islamisten argwöhnisch als Mode des dekadenten Westens. 

Diese wütenden Jugendlichen, denen keine Perspektiven auf dem Silbertablett gereicht werden, schaffen sich ihre eigene Welt, in der sie sich abreagieren und Siege erringen können.


Der Film zeigt auch Jugendlichen bei uns, die Ausweglosigkeit in Drogen oder zum IS treibt, eine Perspektive: Es gibt noch andere Wege. 


Christian Weinert, Ferdinand Carrière. Deutschland 2014, 87 Min.
Jährlich reisen mehr als 3.000 meist junge Deutsche nach Afrika, um in einer sozialen Einrichtung, in einer Organisation oder in einem Projekt einen mehrmonatigen Freiwilligendienst zu absolvieren. Was denken jedoch BegleiterInnen von Freiwilligen vor Ort über das Kommen und Gehen der deutschen Gäste? Welche sichtbaren und unsichtbaren Spuren hinterlassen Freiwillige in den Projekten aus Sicht von vor Ort lebenden Menschen? 

Dieser Film schafft eine neue Sichtweise auf unser Denken. Können wir wirklich Afrika beglücken mit unserer Lebensart. Wer kann von wem was lernen?


Ascan Breuer. Österreich 2013, 87 Min.
Zwei couragierte Frauen kämpfen für eine echte Teilhabe der verarmten Bevölkerungsmehrheit an der neuen Freiheit. Dafür schlagen sie sich durch das Dickicht der Machtstrukturen und die Smogschwaden einer Stadt, die aus allen Nähten platzt.

Der Stolz, mit dem diese Menschen für ihre Rechte kämpfen zeigt, dass auch die abgehängten Menschen ihre Rechte kennen und wahrnehmen können. 



Caroline Reucker. Deutschland 2014, 55 Min.
Eine syrische Familie kommt in Ostdeutschland an. Im Film wird deutlich warum sie geflohen ist, wie hart das Ankommen in der deutschen Wirklichkeit ist, wie die jungen Mädchen mit der neuen Heimat klar kommen und unterschiedlich die Eltern damit umgehen. 

Das gibt tiefe Einblicke, die und helfen können, die Flüchtlinge zu verstehen! Eine Anregung für alle, die Flüchtlingen helfen wollen.